130.000 Tiere werden täglich zum Schlachten gekarrt. Aber was geschieht mit dem Abwasser aus der Tötungsfabrik? (Foto Warlich)
„Da schrillen die Alarmglocken“, überschrieb die Kommentatorin der HNA den Ist-Zustand am Gudensberger Geflügelschlachthof, der seine Abwässer aus der betriebseigenen Kläranlage seit Jahren in den winzigen Goldbach leitet. Und bemerkte anschließend treffend: „Es ist ein Jammer, dass viele Schadstoffbelastungen nicht sichtbar sind“.
Ende Juni hatte es in Gudensberg eine öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bauen, Planen und Umwelt gegeben. Anlass war, dass Plukon ab 2025 seine geklärten Abwässer nicht mehr in den Goldbach leiten darf. Dies hatte das Regierungspräsidium (RP) verfügt. Also wurde eine Ingenieurfirma aus Kassel mit der Planung einer fast 6 km langen Abwasserleitung beauftragt, die direkt in die Eder münden soll.
Schon bei der Anhörung gab es die eine oder andere Überraschung. Zunächst erklärte der Vertreter des RP Kassel, dass eine Untersuchung auf multiresistente Keime gesetzlich nicht vorgeschrieben sei und folglich auch nicht durchgeführt werde. Umweltqualitätsnormen (UQN) bestehen für medizinische Stoffe im Abwasser nicht. Dies bedeutet, dass das RP erst im Falle eines Nachweises im Fleisch durch die Gesundheitsbehörden tätig werden würde.
Nun ist es aber so, dass der Goldbach im Sommer mitunter völlig austrocknet und somit ausschließlich mit dem Abwasser von Plukon gespeist wird. Hier müsste eigentlich eine Warnung ausgesprochen werden, denn spielende Kinder könnten so mit multiresistenten Keimen in Kontakt kommen mit fatalen Folgen für ihre Gesundheit.
Der Goldbach ist zudem in dem Programm „100 wilde Bäche“ gemeldet, einem Projekt des Hessischen Umweltministeriums. Dabei geht es um die Renaturierung von Gewässern, um Lebensräume für Insekten und Pflanzen wiederherzustellen. Da passt die Einleitung von Abwässern nicht mehr.
Nun hat auch der grüne EU Abgeordnete und Agrarexperte Martin Häusling dazu Stellung bezogen (HNA Fritzlar-Homberg vom 10.8.2022, Seiten 1 und 5) und weist erneut auf die Schäden hin, die durch den weitverbreiteten Antibiotikaeinsatz in der Geflügelmast entstehen. „In der EU sterben jährlich etwa 33.000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken“, sagt Häusling.
Randbemerkung: Plukon ist darauf bedacht, „diskret“ zu arbeiten. Das ist auch ersichtlich an den Reaktionen des Werkschutzes. So wurde unser Fotograf dabei behindert, als er den Schlachthof von der Straße aus fotografieren wollte.
Die BI Chattengau gegen Massentierhaltung und die AGA Nordhessen bleiben am Ball.
Fotostrecke Goldbach (von Jörg Warlich)
HNA online, der sehr verkürzte Beitrag vom 10.8.2022
HNA online „RP: Keime spielen keine Rolle – Plukon-Abwasser wird nicht auf Arzneistoffe kontrolliert“
Das Programm „100 Wilde Bäche“ des Landes Hessen