FDP verhindert Tierwohlprämie

Die Hoffnung, dass Nutztiere in konventioneller Haltung in engen Stallungen mehr Platz erhalten und Schwanz- und Schnabelkürzungen irgendwann der Vergangenheit angehören, ist genau so in weite Ferne gerückt wie die Aussicht Frischluft zu schnuppern. Die Umsetzung der ohnehin sehr langfristig angelegten Transformation der Nutztierhaltung, die erst ab 2040 Haltungsstufe 2 als gesetzlich festgelegten Mindeststandard für Stallhaltung anstrebt, ist bereits vor dem Start blockiert worden.

Die vom Bundesagrarministerium beauftragte Expertenkommission, die nach dem ehemaligen CDU-Landwirtschaftsminister „Borchert-Kommission“ benannt ist, hat in ihrem Beschluss vom 8.9.2022 die FDP für ihre Blockade des dringend erforderlichen Umbaus im Nutztiersektor scharf kritisiert: „Die Ampelkoalition hat sich bisher nicht zur Einführung der empfohlenen Tierwohlprämien entschließen können. Solange sich das nicht ändert, bleibt das Kernziel der Transformation des Nutztiersektors unerreichbar, und der Landwirtschaft fehlen weiterhin jegliche Perspektive und Planungssicherheit.“

Damit ruht jetzt die jahrelange Arbeit der Kommission, welche eindringlich an die Ampelkoalition appelliert und eine baldige Einigung zur Finanzierung von Tierwohlstandards anmahnt. Während Grüne und SPD den Beschluss unterstützen, stimmte die FPD bisher keinem der von dem Kompetenznetzwerk vorgeschlagenen Finanzierungsmodelle zu.

Die erforderlichen 3,6 Milliarden Euro sollten entweder über die Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von 7 auf 19 Prozent oder mit dem sogenannten Tierwohlcent finanziert werden: 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte, 2 Cent pro Kilogramm Milch und Frischmilchprodukte sowie 15 Cent pro Kilogramm Käse, Butter und Milchpulver.

Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion stellte in der Plenarsitzung vom 8.9.2022 zwar die Zustimmung zur Tierwohlprämie in Aussicht, allerdings unter der Bedingung, dass Bauern in den nächsten 20 Jahren „keinerlei Auflagen“ bekämen, also Tierschutzvorschriften nicht verschärft werden dürften. Mit dem Zwischenruf „Gero, wie schaffst du es mit dem Hintern einzureißen, was du gerade aufbauen wolltest?“ brachte Renate Künast, agrarpolitische Sprecherin der Grünen- Bundestagsfraktion, das Scheitern in Sachen Tierwohl auf den Punkt.

Kritik an der Haltung der FDP kommt auch vom Präsidenten des Bauernverbandes Joachim Ruckwied, der die Liberalen aufforderte, ihre Blockadehaltung aufzugeben. (JL)

Links:

https://taz.de/Streit-um-Gelder-fuer-Stallumbauten/!5880982/

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/220908-beschluss-kompetenznetzwerk.pdf?__blob=publicationFile&v=2

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/200211-empfehlung-kompetenznetzwerk-nutztierhaltung.pdf?__blob=publicationFile&v=3