Antibiotika-Einsatz in der Nutztierhaltung

„Systemische Ursachen angehen“, forderte u.a. der Vertreter von German Watch im Webinar, in dem die Studie von Frank Brendel und Andreas Striezel vorgestellt wurde.

Auch ein aktuelles Webinar auf Einladung des Grünen EU-Parlamentariers und Landwirtschaftsexperten Martin Häusling zeigte erneut die Gefahren auf, die durch den massenhaften Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung entstehen. In der Online-Expert:innenrunde wurde die Studie „Antibiotika reduzieren – Reserveantibiotika bei Nutztieren vermeiden“ von Dr. Andreas Striezel und Frank Brendel vorgestellt.

Darin wird betont, dass sogenannte „Antimikrobielle Resistenzen (AMR)“ als eine der großen Bedrohungen der Menschen weltweit angesehen werden. Untersuchungen sprechen von etwa 2,7 Millionen Menschen, die an den direkten Folgen von AMR starben.

Ausdrücklich wird der Einsatz von neueren und sehr wirksamen Antibiotikagruppen gerügt ohne ausreichende Restriktionen bei der Anwendung. Gefordert wird eine Harmonisierung der Maßnahmen nach dem Vorbild der Länder mit den niedrigsten Verbräuchen.

Spannend in dem Webinar, dessen Videoaufzeichnung auf Youtube zugänglich ist, ist auch der Beitrag von Dr. Susanne Johna, die 1. Vorsitzende im Marburger Bund und jetzt auch Vizepräsidentin der Bundesärztekammer ist. Die Internistin betonte die Bedeutung von fleischarmer Ernährung und nannte den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen eine „große Herausforderung der Menschheit“.

Auch bei diesem Thema sind ökonomische Hintergründe ein ganz entscheidender Punkt: Nicht nur die Pharmaindustrie verdient kräftig an der Tiermedizin, sondern eben auch jene Veterinäre, die Tiermastanlagen betreuen und mit ihrer Apotheke umsatzorientiert verdienen, d.h. je mehr Medizin verabreicht wird, umso mehr wird verdient. So ist auch die Kampagne des bpt (Bundesverband praktizierender Tierärzte) zu sehen, die einen beispiellosen Shitstorm gegen Martin Häusling auslöste, der gegen die Folgen dieser Fehlentwicklung auch für die Humanmedizin kämpft*.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen von einer stillen Pandemie. In der EU gilt neben Italien weiterhin Niedersachsen als eine sogenannter Hotspot, d.h. hier ist die Gefahr, mit diesen Keimen in Berührung zu kommen, besonders groß. Dies hängt mit der Tierdichte in vielen Regionen unseres Nachbarbundeslandes ab: Je mehr Antibiotika verwendet werden, umso stärker steigt der Mutationsdruck auf die Bakterien. Diese gelangen dann auch z.B. in die Umwelt, wenn die Einstreu aus den Ställen auf die Äcker ausgebracht wird.

Wer sich näher informieren möchte, kann sich die Videoaufzeichnung anschauen. Für die schnelle Info reicht auch ein Blick in die zweiseitige Zusammenfassung der Studie.

 

*Anmerkung: * Mit einer rührseligen Kampagne und dem treuen Blick eines kranken Hundes wurde 2021 vom Tierärzteverband Stimmung gemacht. „Mein Leben ist in Gefahr!“ stand auf dem Foto des Hundes und die Aufforderung, gegen geplante EU Maßnahmen mit einer Unterschrift zu protestieren. Dabei wurde – wie immer seitens der Industrie – auch auf die Entstehung von Keimen im Krankenhausbereich hingewiesen und eine Gefährdung der Humanmedizin durch die industrielle Tiermast heruntergespielt.