Parkinson durch Pestizide als Berufskrankheit anerkannt

 Landwirte sind überproportional häufig betroffen von einer Parkinson-Erkrankung

Weltweit gibt es einen rasanten Anstieg von Parkinson-Erkrankungen, allerdings wurde bisher ein Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat nicht diskutiert. Nur eine Minderheit der Fälle ist genetisch oder durch Überalterung erklärbar. In der Forschung mehren sich jedoch die Hinweise, dass genau diese Substanzen das Risiko erhöhen, an Parkinson zu erkranken. Die neurotoxischen Wirkungen von Pestiziden sind lange bekannt. Viele wissenschaftlichen Studien stellen einen Zusammenhang zwischen Parkinson und landwirtschaftlichen Giften her, ständig gibt es dazu neue Publikationen.

So soll der Kontakt mit Pestiziden auch Grund dafür sein, dass Landwirte überproportional häufig an Parkinson erkranken. Ein direkter toxischer Effekt auf das Nervensystem sei für viele Pestizide nachgewiesen. Glyphosat verändere zum Beispiel die Neurotransmitter-(Überträgerstoff-)Konzentrationen im Nervensystem und trage zu einem zellschädlichen Milieu bei. Parkinsonerkrankungen sollen sowohl nach akuter wie auch nach chronischer Glyphosat-Exposition beobachtet worden sein. Die Schädigung des Darm-Mikrobioms durch Glyphosat könne indirekt eine Rolle bei der Pathologie spielen.

Auch Richter haben diesen Zusammenhang verstanden, deshalb wurde Parkinson offiziell als eine durch Agrargifte verursachte Krankheit anerkannt, so Hermine Baron. Sie ist Anwältin und auf Umweltrecht spezialisiert. In Frankreich wird Parkinson bei Personen, die in der Landwirtschaft gegenüber Pestiziden exponiert waren, schon seit 10 Jahren als Berufskrankheit anerkannt. Seit drei Jahren gibt es dort Entschädigungsfonds von der Regierung. Deutschland hat sich für die Anerkennung Zeit gelassen. Vor rund 12 Jahren hatte man erstmals bemerkt, dass bestimmte Pestizide die Nervenkrankheit Parkinson auslösen.

Zwar steht die Aufnahme in der Verordnung der Berufskrankheiten noch aus, jedoch bis es so weit ist, wird die Erkrankung Parkinson laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wie eine Berufskrankheit anerkannt. Betroffene Landwirte haben damit nun einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu gehören umfassendere medizinische Versorgung und mögliche Rentenzahlungen.

Obwohl der massenhafte Einsatz des Totalherbizides Glyphosat nachweislich den Verlust ganzer Ökosystemen vorantreibt und der Gesundheit schadet, verlängerte die EU im November 2023 unerwartet die Genehmigung zur Verwendung des Wirkstoffs um weitere 10 Jahre. Davor hatte unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Neurologie im Vorfeld eindringlich gewarnt. Die Kieler Neurologin Prof. Daniela Berg kritisierte, dass die mögliche Bedeutung von Pestiziden für die Zunahme von neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson bei der europaweiten Diskussion bezüglich der Reduktion der Pestizidbelastung und des Glyphosat-Verbots zu wenig berücksichtigt wurde.

Kritik kommt auch vom Pestizid Aktions-Netzwerk PAN Germany. Es sei völlig unverständlich, warum die Anerkennung des Parkinson-Syndroms durch Pestizide als Berufskrankheit um Jahre verschleppt wurde, so die Organisation. Die überwiegende Zahl der Publikationen, auf die sich der Ärztliche Sachverständigenbeirat jetzt in seiner Empfehlung beziehe, sei bereits vor 10 – 20 Jahren publiziert worden. Nun sei zu befürchten, dass durch den langsamen Prozess und die späte Entscheidung des Beirates manche Rente und Behandlung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

Gerade mit Blick auf die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit für Landwirte und dem nachgewiesenen Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Erkrankungen und der Verwendung von Glyphosat erscheint es vollkommen paradox, dass die weitere Verwendung nicht verboten wurde. Politik und Gesellschaft sind gefordert, die Einträge zukünftig zu verringern. Zudem sollte die Forschung in diesem Bereich gestärkt werden. (mk)

 https://www.bmas.de/DE/Soziales/Gesetzliche-Unfallversicherung/Aktuelles-aus-dem-Berufskrankheitenrecht/empfehlung-berufskrankheit-parkinson-syndrom-durch-pestizide.html

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Soziales/Unfallversicherung/empfehlung-parkinson-durch-pestizide.pdf?__blob=publicationFile&v=2