Auf der Wir-haben-es-satt!-Demo in Berlin wurde Klartext gesprochen.
EU-Gerichtshof spricht Machtwort: Zu groß seien die Gefahren für Umwelt und Gesundheit, insbesondere aber für Bienen und andere Bestäuber.
Vor dem Hintergrund, dass Neonicotinoide zum Rückgang der Bienenpopulationen beitragen, hat der Europäische Gerichtshof der allzu freizügigen Nutzung von Notfallzulassungen nun einen Riegel vorgeschoben. Die Zuckerwirtschaft kritisiert das Urteil und warnt schon jetzt vor dem Abbau der EU-Zuckerproduktion.
Das Urteil geht zurück auf die Klage eines belgischen Imkers sowie der Umweltschutzorganisationen PAN Europe (Pestizid Aktions-Netzwerk) und Nature & Progrès Belgique, die 2019 vor dem Verwaltungsgericht eingereicht wurde. Denn obwohl bestimmte Neonicotinoide bereits seit 2018 EU-weit im Freiland verboten sind, umgehen bisher viele Mitgliedstaaten dieses Verbot durch die Erteilung sogenannter Notfallzulassungen. Regelmäßig werden diese Ausnahmegenehmigungen von Verbänden, Behörden, Firmen und Pestizid-Herstellern beantragt. Für den Zuckerrübenanbau sind sie gängige Praxis.
Einem aktuellen Bericht von PAN Europe zufolge haben die EU-Länder in den letzten vier Jahren über 236 Ausnahmeregelungen für verbotene Pestizide gewährt. Fast die Hälfte davon (47,5 Prozent) entfällt auf Neonicotinoide.
Jetzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) dieses Vorgehen für rechtswidrig erklärt. Ausnahmeregelungen für das Verbot dürfen nicht mehr genehmigt werden. Saatgut, das mit nach EU-Recht „ausdrücklich verbotenen“ Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, ist nun ausnahmslos verboten. In seinem Urteil beruft sich der EuGH unter anderem auf das europäische Vorsorgeprinzip. Bei der Erteilung einer Pestizidzulassung seien die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Schutz der Umwelt wichtiger als das Ziel, die Pflanzenproduktion zu verbessern. Darüber hinaus betonte das Urteil, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Schädlingsbekämpfung einen geringen Pestizideinsatz zu fördern, d.h. nicht-chemischen Methoden müssen, wann immer möglich, Vorrang eingeräumt werden. Bei der professionellen Anwendung sollen Praktiken und Substanzen mit dem geringsten Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt genutzt werden. (mk)
Der ausführliche Bericht von PAN-Europe:
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https://aga-nordhessen.de/gefahr-fuer-das-oekosystem-bienenkiller-breiten-sich-unkontrolliert-aus/
https://aga-nordhessen.de/schlechte-nachricht-fuer-bestaeuber-sonderzulassung-von-gehirnkiller/