Bäume ausreißen für das Klima – Tag der Erde 2022 im Burgwald-Moor

Die AGA und Aktive der Aktionsgemeinschaft Burgwald leisteten einen Beitrag zur Renaturierung des Moors

„Also wir sagen eigentlich immer Du. Ist das ok?“ Lothar Feisel von der Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“ begrüßt zwei Dutzend Menschen im Alter von sechzehn bis weit über sechzig auf dem Wanderparkplatz an der Revierförsterei Mellnau. Natürlich gibt es keine Einwände, denn heute ist ein gemeinsamer Arbeitseinsatz als Beitrag zur Moor-Renaturierung geplant.

Lothar ist seit fast 20 Jahren dabei, die ursprüngliche Bürgerinitiative wurde sogar schon im März 1977 gegründet. Damals bedrohten überregionale Wasserentnahme sowie der Bau einer Autobahn die Idylle des Burgwalds, der in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Marburg-Biedenkopf liegt. Dabei war mit dem Auftauchen des Rauhfußkauzes in den 1960iger Jahren deutlich geworden, welch vielfältige Flora und Fauna hier ihren Platz gefunden hat. Die Bürgerinitiative hatte Erfolg und daraus entwickelte sich ein Naturschutzverein von überregionaler Bedeutung.

Doch heute, am 23. April, dem Tag der Erde, sind die Leute nicht zum Wandern und Schauen gekommen. In Arbeitskleidung mit festem Schuhwerk, teilweise auch schon mit Astscheren und Sägen bewaffnet, geht es nach der kurzen Begrüßung mit möglichst vollbesetzten Autos einige Kilometer ins „Innere“ des riesigen Burgwalds.

Die AGA hatte die Aktion angestoßen, und viele sind dabei: Die Bürgerinitiativen Chattengau und Twistetal, Menschen vom BUND Frankenberg, Mitglieder des NABU und Fridays for Future sind vertreten und andere UnterstützerInnen der AGA. Dazu kommt ein Trupp erfahrener Naturschützer aus der Burgwald-AG.

Der Konvoi kommt an und Lothar packt einen Berg Werkzeuge aus seinem Kombi. Sägen, Äxte, Spaten und viele, viele Astscheren. Jeder schnappt sich etwas und im Gänsemarsch geht es zum Einsatzort. Der Boden ist weich und holprig, wer solches Gelände nicht kennt stolpert schon mal. Dann erklärt Lothar, was heute zu tun ist.

„Moor muss nass“, das haben hier wohl alle schon mal gehört, selbst wenn sie noch nie ein Moor betreten haben. Im Burgwald wurden Entwässerungsgräben verschlossen und so wird das Moor nach und nach renaturiert. Gehölze wie Birken oder Fichten und Kiefern lieben den feuchten Boden und wachsen und gedeihen dort prächtig. Doch damit wird moortypischen Pflanzen wie Wollgras oder Segge und bestimmten Faltern, Schmetterlingen und Libellen wie der Schwarzen Heidelibelle der Lebensraum zerstört. Also: das Gehölz muss an dieser Stelle weg.

Viele wissen das, andere lernen es nun: Birken müssen mit der Wurzel entfernt, also ausgegraben werden, sonst stehen sie im nächsten Jahr wieder gleich groß da. Sie würden aus den alten Wurzeln im Boden neu ausschlagen und womöglich stärker als zuvor wachsen. Bei den Nadelbäumen reicht es, wenn sie ganz dicht an der Wurzel abgeschnitten oder abgesägt werden. Manche „Bäumchen“ sind ganz schön groß. „Wer bedient die Motorsäge“, ruft jemand. „Keiner“, kommt die Antwort aus dem Kiefernwäldchen. Als dann, die Bügelsäge wird mit zwei Mann bedient und der Baum fällt.

Es erscheint vielen Naturfreunden seltsam, die Bäume zu beseitigen mit dem frischen Grün. Doch im Moor ist das aktiver Naturschutz. Und so wandern kleine und auch größere Bäumchen alle auf große Haufen am Rande des Einsatzgebietes. Einfach liegenlassen ist keine Option, allein deshalb, weil das verrottende Material unerwünschte Nährstoffe in das Moor eintragen würde, was dessen Entwicklung erschwert. Manchmal sieht es aus, als könnten die Bäume laufen, denn sie sind größer als der Mensch, der sie trägt. Doch auch die kleine Schößlinge sollen und müssen aus dem Boden gezogen werden. Da ist auch gerne mal eine jüngere Hündin dabei, die mit Leidenschaft „mithilft“ und das Buddeln anfängt, wenn gegraben wird. Eine ältere Hunddame schaut sich das an langer Leine vom Rande aus an. Sie würde im schlimmsten Fall zu weit umherlaufen und nicht zurückfinden.

Schon bald liegen Jacken und Westen auf einem großen Haufen. Das Wetter ist mit einer Temperatur unter 20 Grad und ohne Regen eigentlich ideal. Aber die Arbeit ist anstrengend, und in den Zweierteams geht es engagiert zur Sache. Nach zwei Stunden ist dann auch mal eine Pause angesagt. Reichlich Kaffee und Kuchen und natürlich Wasser wird verdientermaßen genossen. Viele zufriedene Gesichter sind zu sehen.

Dann geht es in die zweite Runde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ein beachtliches Stück Moorboden wurde freigelegt. Auf einem langen Baumstamm nimmt die Gruppe Platz. Ein paar Männer können gar nicht aufhören zu arbeiten und entfernen eine letzte Birke unter den Zurufen der Zuschauerinnen mit großen Hallo.

Für das Gruppenfoto werden auch ein paar Transparente der beteiligten Gruppen ausgerollt. Für alle bleibt – wieder einmal – die Erkenntnis, dass praktische Arbeit ein tieferes Verständnis schafft für die Besonderheiten der Natur, die noch immer allzu leicht wirtschaftlichen Interessen und Gewinnstreben geopfert werden.

Natur-, Tier-, Umwelt- und Klimaschutz müssen zusammen gedacht werden. Dieses Grundprinzip der AGA-Nordhessen sollte hier symbolisch gezeigt werden. Dass dabei richtig was „weggeschafft wurde“, macht es für uns umso befriedigender. Danke auch an die gute Organsiation der Burgwald-Gruppe für diesen Tag.

Wer auch mal aktiv mitmachen möchte, schreibt am besten eine Mail an ag-burgwald@web.de oder kann unter Telefon 06423 – 3583 erfahren, wann der nächste Arbeitseinsatz stattfindet.

Die Besonderheiten des Burgwalds können auf der Webseite der Aktionsgemeinschaft bewundert werden.

Auf der AGA-Webseite lesenwert ein Beitrag zur Bedeutung der Moore.

Es war ein besonderes Erlebnis. Fotos von der Aktion im Burgwald-Moor