Durch Überdüngung entstehen laut BDEW jährlich 3 Milliarden Euro Umweltkosten. (Foto Alf Dickhaut)
Vor einigen Jahren wurde vom bundeseigenen Thünen Institut eine Obergrenze für den Stickstoffeintrag auf deutschen Äckern empfohlen. Doch in letzter Minute setzte sich die Agrarlobby durch und legalisierte so quasi eine Überdüngung. Zum Mai 2020 trat dann die neue Düngeverordnung in Kraft. Diese Maßnahme war überfällig, auch wenn zahlreiche Lobbyisten der Agrarindustrie dagegen Sturm liefen.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte dagegen frühzeitig vor den finanziellen Folgen der Überdüngung. Es geht um die Nitratbelastung im Grundwasser, das maximal 50 Milligramm Nitrat pro Liter enthalten darf. Dieser Wert stammt aus der Nitrat-Richtlinie der EU von 1991, die aber in Deutschland nie umgesetzt wurde.
2018 verurteilte der Europäische Gerichtshof deshalb die Bundesrepublik. Sollte sich nichts tun, würden bei erneuter Verurteilung Strafzahlungen fällig in Höhe von 850.000 Euro. Pro Tag! Doch selbst diese Androhung brachte das Landwirtschaftsministerium nicht wirklich auf Trab. Die industrielle Agrarlobby wusste die CSU-Minister stets auf ihrer Seite, ob sie nun Seehofer, Aigner, Schmidt oder Klöckner hießen.
Ein wesentlicher Grund für die Überdüngung ist die sogenannte Intensivtierhaltung, von Umweltbewegten treffender Massentierhaltung genannt. Es fällt einfach zu viel Gülle und Mist an, und der muss weg. Hinzu kommt, dass Hochleistungssorten im Ackerbau gerade bei Nichteinhaltung der Fruchtfolgen viele Nährstoffe braucht. Also wird Stickstoff in den Boden eingebracht.
Doch das hat massive Auswirkungen auf das Klima durch bestimmte Gase und eben auch auf die Wasserqualität, wie der BDEW gerade wieder festgestellt hat. Der Verband beauftragte den Kieler Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Fiedhelm Taube mit einem Gutachten. Darin wurde untersucht, ob die Novellierung des Düngerechts ausreichend ist und das europäische Recht umgesetzt wird.
Das Ergebnis ist ernüchternd. Bis zu 3 Milliarden Euro jährlich verursacht Überdüngung an Umweltschäden (Wasser, Luft, Gesundheit, Klima). Auch wenn die Düngeverordnung – aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes DBV die „strengste aller Zeiten“ – zur Umsetzung der EU-Vorgaben dienen soll, sieht Prof. Taube zu viele Ausnahmen, mit denen die Obergrenzen überschritten werden können. Ein Beispiel kann die sogenannte schlechte Bestandsentwicklung von Pflanzen sein, die dem Landwirt ermöglicht, mehr als regulär erlaubt zu düngen.
Fazit: Auch wenn sich der Deutsche Bauernverband reflexartig wehrt und eine von Taube geforderte Verschärfung bestimmter Vorschriften als unverhältnismäßig bezeichnet, wird sicher noch nachgebessert werden. Immerhin konnten die Vertreter des DBV in der Zukunftskommssion Landwirtschaft dem Grundsatz zustimmen, dass die Tierbestände in Deutschland reduziert werden müssen.
Quellen und Links
Pressemitteilung des BDEW zum Gutachten
Das Gutachten im Original (65 Seiten, PDF)
Kernaussagen des BDEW-Gutachtens zum neuen Düngerecht (8 Seiten, PDF)
Änderungen in der neuen Düngeverordnung 2020. Eine Darstellung der Landwirtschaftskammer NRW