In verschiedenen Beiträgen haben wir darauf hingewiesen, dass zwar viele Verbraucher durch ihr schizophrenes Kaufverhalten (Tierwohl ja, aber billig kaufen) zum System Fleisch beitragen (siehe u.a. AGA Newsletter Juli), aber eben auch nicht die alleinige Ursache für die Ausbeutung von Mensch und Tier sind.
Geradezu irre mutet es an, wie sich aktuell manche Akteure des Systems äußern:
topagrar online meldet mit Bezug auf einen Tönnies-Sprecher: „Das Unternehmen zeigt sich verwundert darüber, dass Abläufe und Prozesse, die seit über 20 Jahren genehmigt sind und seitdem jährlich mehrfach amtlich kontrolliert wurden jetzt bemängelt werden.“
Der LsV-Sprecher* Dirk Andresen sagte in einem Demoaufruf vor Tönnies, man brauche diesen Schlachthof. Deshalb sollten die Landwirte den „Medien und Aktivisten“ erklären, dass landwirtschaftliche Existenzen auf dem Spiel stünden (zit. nach agrarheute, 17.7.2020). Passend dazu lädt LsV zudem am Freitag, 17.07. zum Grillfest vor Tönnies ein …
*(LsV steht für „Land schafft Verbindung“, ist angeblich unabhängig vom Bauernverband und fällt immer wieder durch besonders radikale, industriefreundliche Sprüche auf. LsV stilisiert Landwirte als Opfer, sieht sich oft von „Ökos“ umzingelt und ist in Teilen sehr nah an der AfD.)
TierrechtsaktivistInnen lehnen „vermeintliche Teilschritte wie Biofleischkonsum oder die ausschließliche Abschaffung von Megaställen/Massentierhaltung“ (ARIWA) ab.
Die AGA hat sich bisher dagegen auf gemäßigte Positionen geeinigt:
- Verbraucherziel muss weniger Fleischkonsum sein, dann möglichst in Bio-Qualität
- Förderung regionaler landwirtschaftlicher Produkte
- Klimaschutz durch deutlich geringere Tierdichte in der Landwirtschaft
- Mehr Wertschöpfung durch direktere Vermarktung
- Schließung der Megaschlachthöfe, Förderung von kleinen regionalen Schlachthöfen
Manchen auch unserer Mitglieder*innen gehen diese Positionen vielleicht nicht weit genug, doch wollen wir wirkliche Veränderungen – und dies geschieht nur in Form einer Entwicklung der Gesellschaft. Hier tut sich gerade viel im Bewusstsein und in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Es wird sehr oft gesagt und stimmt dennoch weiterhin: wir wollen Leute mitnehmen und uns nicht durch besonders radikale Forderungen ins Abseits drängen
Greenpeace hat am 30. Juni 2020 Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner einen offen Brief zugestellt: „Die Ministerin und ihre Vorgänger*innen von der CDU/CSU haben jahrelang nötige Reformen verschleppt, blockiert und auf freiwillige Besserung der Branche gesetzt. So kann es nach der Corona-Krise nicht weitergehen!“ schreibt die Organisation auf ihrer Webseite.
Dort ist auch der offene Brief zu finden, den man online unterzeichnen kann.
Weitere Links:
AGA Beitrag „Arme Schweine“ vom 11. Mai 2020
Artikel auf Greenpeace Webseite
taz vom 17.7.2020 zur Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs