Nun hat sie also stattgefunden, die Anhörung zur Erweiterung der Hähnchenmastanlage in Grandenborn/Ringgau (Werra-Meißner Kreis). Vor zehn Jahren hat der Betreiber Herr S. eine Anlage für 39.900 Tiere errichtet, nun soll als „Zukunftsinvestition“ eine zweite – wie wir es nennen – Tierfabrik errichtet werden. Dann soll insgesamt 66.000 Hähnchen in gut 40 Tagen gemästet werden, das Schlachtgewicht dürfte bei 2,2 bis 2,5 kg liegen. Tiere mit insgesamt 35 kg Schlachtgewicht sollen sich auf einem Quadratmeter „wohlfühlen“. Es ist tatsächlich so: da der Gesetzgeber 39 kg Schlachtgewicht/m² erlaubt, sprechen die Geflügelmäster bei einem freiwilligen Zusatzraum von gut 10 % von Tierwohl …
Ärgerlicherweise wurde die Anhörung auf drei Termine gelegt. Der Saal war korrekt und sinnvoll nach den Hygieneregeln ausgestattet (Abstand, Plexiglastrennscheiben), ärgerlich war zudem, dass trotz ausreichender Plätze außer den Einwendern nicht auch einzelne Zuhörer und Beobachter zugelassen wurden.
Vor dem Termin fand eine Mahnwache mit mehr als einem Dutzend TeilnehmerInnen statt – eine ordentliche Zahl für einen Mittwochmittag. Ein deutliches Zeichen für unsere Positionen! Denn in Zeiten, wo auch der letzte mitbekommen haben muss, wie es in den Großschlachthöfen zugeht, die genau wie die Massentierhaltung zum System Fleisch gehören, kann so eine Hähnchenmastanlage keine „Zukunftsinvestition“ sein!
Herr S., in der Anhörung direkt darauf angesprochen, ob er nicht glaube, dass längst schon ein gesellschaftlicher Wandel im Gange sei und die Massentierhaltung kaum noch Zukunft habe, erwiderte, er sei Unternehmer. Sollte der Markt verlangen, dass er ein Viertel der Tiere auf dem gleichen Raum halte, werde er das tun. Das klingt zunächst einmal nachvollziehbar. Dennoch: es erinnert auch ein wenig an eine Entwicklungsabteilung der Industrie, die sagt, sie stelle erstmal 500 PS-Verbrenner her, und wenn der Markt günstige Kleinwagen verlange, werde man auch die – irgendwann – liefern.
Der Markt alleine sollte lieber nicht herhalten – das ist zu bequem. Es gibt auch viele Landwirte, die nach Alternativen suchen und diese auch finden. Dabei alle Last auf den Verbraucher zu schieben, ist unredlich. Es gibt zu viele Akteure, manchmal haben sie sogar einen Namen. Herr Tönnies steht für Gier und Menschenverachtung an der Spitze, aber auch Herr Schneeweiß (Geschäftsführer Edeka Hessenring in Melsungen) sollte nicht unerwähnt bleiben: auch in der aktuellen „Schweine-Krise“ ist sein erstes öffentliches Statement, Edeka kaufe dort Fleisch, wo der „beste Preis“ zu erzielen sei.
Dem Investor im Ringgau sei gesagt: Oft ist es schwer, eine einmal gemachte Entscheidung zu überdenken. Dabei hat ja der Tönnies-Skandal gezeigt, was Tierschützer schon seit Jahren kritisieren. Interessant, wie schnell sich auch die Politiker und Prominenten von diesem „erfolgreichen“ Unternehmer abwenden. Das sollte zu denken geben.