Düngeverordnung – notwendig, aber nicht umsetzbar?!

Das Drama um die deutsche Düngeverordnung findet noch immer kein Ende. Das Hin und Her zwischen Deutschland und der EU bezüglich der nicht eingehaltenen Nitrathöchstwerte und der mangelhaften Verordnung fand ihren bisherigen Höhepunkt 2018, als der Europäische Gerichtshof der Klage der EU gegen Deutschland stattgab (siehe Beitrag „Deutschland macht Mist“). Seither droht Brüssel, sollte nicht endlich eine neue Verordnung mit zufriedenstellenden Maßnahmen vorgelegt und vor allem umgesetzt werden, mit  immensen täglichen Strafzahlungen.

Mitte Februar diesen Jahres verkündete nun das Bundeslandwirtschaftsministerium, die EU-Kommission habe dem jüngsten überarbeiteten Verordnungsentwurf zugestimmt.  Das klingt erstmal beruhigend. Ganz so klar ist die ganze Sache aber nicht, denn das Klageverfahren wird nur eingestellt, wenn die Länder der Verordnung ebenfalls zustimmen und sie schließlich im Bundesrat beschlossen wird  – was schon bei der Bundesratssitzung am 3. April geschehen müsste. Der Druck ist hoch, weil darüber hinaus quasi keine Zeit bleibt. Nach der Zustimmung müssten die Länder innerhalb von drei Monaten die Maßnahmen in Landesverordnungen umsetzen. Innerhalb eines halben Jahres sollen u.a. neue bundeseinheitliche Messvorgaben in sogenannten „roten Gebieten“ mit besonderer Nitratbelastung gelten und der Gülleeintrag in diesen Gebieten reduziert werden.

Und da fangen die Probleme auch schon an, denn natürlich werden von allen Seiten Bedenken angemeldet. Die Ministerien der einzelnen Länder wollen die Verordnung, die sie von der Bundesregierung vorgesetzt bekommen, nicht einfach durchwinken. Sehr laut sind hier die Gegenstimmen aus Ländern wie Niedersachsen, in denen es viel Massentierhaltung und somit viel Gülle gibt. Aber auch Bayerns Landwirtschaftsministerin setzt sich nun dafür ein, die Verordnung erst 2021 in Kraft treten zu lassen, und auch von vielen anderen Seiten werden so viele Einwände gebracht, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Bis zum heutigen Tag scheinen drängende Fragen überhaupt nicht geklärt zu sein – nicht einmal über Messwerte und die exakte Ausweisung besagter roter Gebiete ist man sich offenbar im Klaren. Von Umsetzbarkeit wird gesprochen, von bedarfsgerechter Düngung und der Frage, wo man die Gülle denn lagern soll, wenn man sie nicht mehr großzügig auf den Feldern verteilen darf. Landwirte beschweren sich nach wie vor über immer neue strenge Vorgaben bei mangelnder politischer Unterstützung, gleichzeitig reichen die vorgesehenen Maßnahmen aus Umweltschützer-Sicht bei Weitem nicht aus. Währenddessen pocht Bundesministerin Julia Klöckner auf den Zeitdruck aus Brüssel – es gilt schließlich, Strafzahlungen zu vermeiden. Einen weiteren Aufschub wird es nicht geben.

Bei den vielen Interessen innerhalb der Diskussion hat man den Eindruck, dass das eigentliche Thema – Grundwasserschutz – eher nebensächlich behandelt wird. Es wird wie immer an kleinen Stellschrauben hin und her gedreht, innerhalb eines Systems, das an sich nicht funktioniert. Man kann belastete Gebiete noch so genau ausdifferenzieren und um jeden Hektar gedüngter Fläche ringen – ambitionierte nachhaltige Agrarpolitik sollte aber anders aussehen. Es gibt zu viel Gülle, und ein Hauptgrund dafür heißt: industrielle Tierhaltung und zu hohe Tierdichte. Und das sind keine Neuigkeiten, die überraschen dürften. Was jetzt wie eine Hauruck-Aktion von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium aussieht, ist eine längst überfällige Maßnahme: Die Nitratrichtlinie der EU gibt es schließlich seit 1991. Dass es vonseiten der Länder und auch der ohnehin gebeutelten Landwirte nun Widerstand gibt, ist kein Wunder. Natürlich ist es hart, dass jetzt alles schnell, schnell passieren muss, nur weil die Regierung jahrelang geschlafen hat. Trotzdem dürfen Umwelt- und Gewässerschutz endlich nicht mehr hinter wirtschaftlichen Interessen und „Umsetzbarkeit“ zurückstehen. Eine verantwortungsvolle Politik hat die Aufgabe, notwendige Maßnahmen anwendbar zu machen. Für alle Beteiligten.