Trotz alledem. Weitermachen nach der EU-Wahl.

Das EU-Wahlergebnis war absehbar und doch ziemlich niederschmetternd. Klar konnte man es sich an dieser oder jener Stelle schönreden, doch es bleibt die traurige Erkenntnis, dass trotz aktueller Unwetter und damit auch der sichtbaren Folgen der Klimakrise die Mehrzahl der Menschen diese Tatsachen einfach verdrängt und den Demagogen und Klimawandelleugnern folgte. Aber drei Tage Frust waren genug.

Aus den hinteren Winkeln meines musikalischen Gedächtnisses drang mehrfach ein Lied hervor, das vor Jahrzehnten durch Hannes Wader wieder populär wurde, tatsächlich aber seinen Ursprung viel früher hat. „Trotz alledem“ ist ein deutsches Revolutionslied aus der Periode der Märzrevolution 1848. Es besang den Widerstand gegen die Unterdrückung der Bauern ebenso wie den Protest gegen Pressezensur.

Die schnellen Erfolge der Revolution wurden aber letztlich durch militärische Gewalt zunichte gemacht. Es kam vielen Teilen Europas zu einer Phase der Restauration, in der die alten Machtstrukturen wiederhergestellt und revolutionäre Bewegungen unterdrückt wurden.

Was das mit der EU Wahl zu tun hat? Es war 2019, als Fridays For Future Millionen Menschen auf die Straße brachte und die Klimakrise zunehmend Resonanz in der Bevölkerung fand. Fast war es Zeitgeist, dass Ursula von der Leyen den Green Deal anstiftete und von einem „Mann auf dem Mond“ Ereignis für Europa sprach. Es gab Misstöne, doch letztlich war es die Erkenntnis der Notwendigkeit des Handelns, die ein breites Bündnis in der EU zustande brachte. Wo jedes Jahr viele Milliarden Euro flossen, sollte eine zukunftsfähige und damit ökologische Gegenleistung für die Subventionen erbracht werden. Gerade in der Landwirtschaft.

Doch Corona und dann der Ukraine-Krieg verschoben die Prioritäten in der Wählerschaft. Vor allem aber gelang es der unermüdlichen Arbeit von Lobbyorganisationen der Agrarindustrie, Regeln und Gesetze aufzuweichen. Immer an vorderster Front dabei der Deutsche Bauernverband. Bis schließlich die Bauernproteste um die Jahreswende und in diesem Frühjahr auch in Brüssel Wasser auf die Mühlen der konservativen, reaktionären und wirtschaftsliberalen Kräfte spülte und der Green Deal zerlegt wurde. Umweltschutz? Können wir uns später mal drum kümmern.

Selbst da passt das alte Lied wieder: „Die Waffen die der Sieg uns gab … die nimmt man uns nun wieder ab“ hieß es darin und symbolisierte die Hoffnung und den ungebrochenen Willen der Widerständler, weiterhin für ihre Ziele zu kämpfen.

Ja, die konservativen Kräfte haben zugelegt. Manfred Weber von der CSU/EVP hatte nebenbei seine Genugtuung, der Kommissionspräsidentin, die ihm damals den erhofften Posten wegschnappte, eins auszuwischen. Der Mann auf dem Mond Effekt wurde eine Bruchlandung.  Doch wie auch immer: Aufgeben ist keine Option. Für alle fortschrittlichen Kräfte nicht und auch nicht für die AGA-Nordhessen. Trotz alledem! (ag)