Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass derzeit mit einer Desinformations-Kampagne Stimmung gemacht wird für ein „Weiter so“ beim Einsatz von Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung. Sie fordert vom EU-Parlament und der verantwortlichen Kommission ein Stopp dieses so wichtigen Medikaments beim Einsatz in der industriellen Tierhaltung. Der Einsatz von Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung führe zu Resistenzen und damit zu einer tödlichen Bedrohung für Mensch und Tier.
Immer öfter muss Reserve-Antibiotika Menschleben retten, weil andere Antibiotika unwirksam gegen resistente Erreger sind. Auch der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat sich für strengere Regeln ausgesprochen.
Die Verabreichung an kranke Haustiere soll allerdings auch weiterhin erlaubt sein.
Um die Massenmedikation von der Einzeltierbehandlung zu unterscheiden, ist eine kurzfristige Korrektur des EU-Tierarzneimittelrechts vonnöten. Dies bestätigt ein neues Rechtsgutachten.
Doch anstatt Einsicht und Klarstellung wird schon an anderer Stelle Stimmung gemacht mit einer Kampagne, die alle Haustierhalter in Angst und Schrecken versetzt. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) startete eine Petition. Mit dem reißerischen Titel EU will weitreichendes Antibiotikaverbot für Tiere – Gefahr für unsere Tiere wird eine Gefahr beschworen, die es nicht gibt. Geflissentlich verschwiegen wird von den Intiatoren dabei, dass Tierarztpraxen mit Draht zur Agrarindustrie an großen Antibiotikamengen etwa für Megaställe gut mitverdienen.
Im September entscheiden die Abgeordneten des EU-Parlamentes, ob eine Unterscheidung und Korrektur vorgenommen wird. Scheitert das Veto, bleibt alles beim Alten und es wird wohl zu einer Zunahme von Krankheitserregern auf Fleisch und anderen Lebensmitteln kommen und somit zu Resistenzen gegen die letzten Reserve-Antibiotika.
Eine Greenpeace-Studie hat Ende letzten Jahres mit Wasserproben an Schlachthöfen nachweisen können, dass bei den insgesamt 33 genommenen Proben 30 Proben resistente Bakterien aufwiesen. Alle Schlachthofabwässer der direkt einleitenden Betriebe waren positiv für Antibiotikaresistenzen. Außerdem wurden an drei der beprobten Standorte Resistenzen gegen das Reserve-Antibiotikum Colistin gefunden. Die Vermutung ist, dass die nachgewiesenen Keime mit den Tieren in die Schlachtbetriebe und mit dem Abwasser in die Gewässer und die Umwelt gelangen.
Wir appellieren ebenfalls an das EU-Parlament und die Kommission, eine Klarstellung herbeizuführen und den massenhaften Einsatz von Antibiotika, insbesondere dem Reserve-Antibiotika, in der Massentierhaltung zu verbieten.
Jede/r kann mit hier die Petition der Deutschen Umwelthilfe unterzeichnen.
In der Corona-Bekämpfung hieß es des öfteren von der Politik: „Jedes Leben zählt“. Dies gilt auch für all die Erkrankten, die an den Folgen einer Infektion mit antibiotikaresistenten Erregern versterben. Jährlich sind dies in der EU etwa 33.000 Menschen. Oftmals sind es auch kleine Verletzungen oder Entzündungen, die seit mehr als 80 Jahren mit diesen Medikamenten wirksam behoben werden konnten. Lange schon warnen die WHO sowie Mediziner*innen und Wissenschaftler vor einem „post-antibiotischen Zeitalter“. Um es deutlich zu sagen: Eine Lungenentzündung kann dann unter Umständen zu einer tödlichen Krankheit führen.
Ursache dieser konkreten Gefahr ist eindeutig die Massentierhaltung. Hier also wäre eine Aufklärungs-Kampagne angebracht, denn hier ist die Sorge begründet. Wir brauchen eine Reduzierung der Tierbestände und eine deutlich bessere Haltung. Dann ließe sich der Antibiotikaeinsatz reduzieren und die Behandlung einzelner erkrankter Tiere wäre möglich.
Nachweise und weiterführende Links:
https://martin-haeusling.eu/images/210706_Draft_resolution_-_Objection_DA_on_antimicrobials_2021.pdf
Die manipulative Kampagne des bpt, mit der suggeriert wird, dass Haustiere nicht mehr behandelt werden könnten: https://www.change.org/p/europ%C3%A4ische-parlament-eu-will-weitreichendes-antibiotikaverbot-f%C3%BCr-tiere-gefahr-f%C3%BCr-unsere-tiere
Lesens- und wissenswerte über Antibiotika in der Massentierhaltung von der Deutschen Umwelthilfe: https://www.duh.de/themen/natur/naturvertraegliche-landnutzung/landwirtschaft/antibiotika-in-der-massentierhaltung/
Ein Rechtsgutachten belegt, dass es gerade kein Verbot von Antibiotikaeinsatz für Haustiere geben soll:https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Naturschutz/Landwirtschaft/210816_Kurzgutachten_Tierarzneimittelverordnung_01.PDF
Hier nochmal (wie im Text oben) die Petition der Deutschen Umwelthilfe. Unbedingt unterzeichnen: https://www.umweltinstitut.org/mitmach-aktionen/kein-antibiotika-missbrauch-im-stall.html
AGA-Beitrag zur Greenpeace-Studie Anitbiotikaresistente Keime: https://aga-nordhessen.de/greenpeace-studie-antibiotikaresistente-keime-aus-tierfabriken/
Gefährliche Keime aus Tierfabriken. Testergebnisse der Greenpeace-Studie zu Abwässern in Schlachthöfen