Forderungen des Bauernverbands maßlos

Die bundesweiten Proteste verschreckten nicht nur die Brüsseler Politik – mit üblen Folgen für zukunftsorientierte Umweltmaßnahmen. Auch in Fritzlar gab es Zoff.

Es reicht noch nicht …

Ein Meinungsbeitrag von Jutta Langenbach

Die Ampelkoalition hat den Bauern Millionen an Steuern erlassen und gleichzeitig wichtige Regulierungen zum Schutz von Nutztieren und Umwelt aufgeweicht oder ganz gecancelt. Dennoch fordert Bauernpräsident Joachim Rukwied unlängst beim Bauerntag, die geplanten Reformen gegen Überdüngung und zu hohen Pestizideinsatz fallen zu lassen. Nach seinem Willen soll auch das Abschneiden von Ringelschwänzen bei Ferkeln und die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern mit Ketten ungestört fortgesetzt werden können.

Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus werden nun Umweltauflagen aufgeweicht und enorme Steuererleichterungen in Aussicht gestellt. Das Argument, aufgrund wechselnder Witterungsbedingungen würden die Gewinne schwanken, zieht nicht. Auch andere Branchen wie Tourismus und Gastronomie sind dem unterworfen, ohne dass Unternehmer weniger Einkommensteuer bezahlen müssten.

Die Pflicht mancher Betriebe zur Messung der Stickstoffabgabe in die Umwelt soll nach Rukwieds Willen ebenfalls sofort gestoppt werden. Im gleichen Atemzug fordert er gar, Özdemir solle das geplante Zukunftsprogramm Pflanzenschutz ganz streichen.

Das Entgegenkommen der Ampel aufgrund dreister Protestaktionen war ein Fehler, denn sie zeigt sich erpressbar. Die jüngsten unverschämten Forderungen des Bauernpräsidenten belegen das. Verwöhnt durch eine jahrzehntelange Klientelpolitik des zumeist uninonsgeführten Landwirtschaftsministeriums werden schon minimale Regulierungen zugunsten von Tier und Umwelt abgelehnt.

Sicher ist nicht jeder Landwirtschaftsbetrieb zu retten, doch das ist im Kapitalismus Realität, auch andere Branchen sind dem Risiko ausgesetzt. Schwer zu glauben, dass Landwirte, die mit Traktoren im Wert von Einfamilienhäusern in Berlin demonstrieren von der Armutsfalle bedroht sind. Jährlich neun Milliarden Euro Finanzhilfen von EU und Bund sind auch gedacht als Anreiz, dringend nötige Schritte hin zu mehr Tier- und Umweltschutz zu gehen und nicht im ewig gestrigen Weiter-So zu verharren.