Alle wollen öko
Sie kommen aus Nordhessen und wollen nach Berlin: 10 DirektkandidatInnen für den Deutschen Bundestag haben wir angeschrieben und ihnen drei Fragen gestellt, acht haben geantwortet. Es geht um Nordhessen, um Themen rund um die Landwirtschaft, die uns hier vor Ort betreffen. Die Antworten sind vielfältig und manchmal erstaunlicherweise sehr ähnlich. Die AGA als überparteiliche Organisation spricht keine Wahlempfehlung aus bzw. diese eine: Geht wählen!
Im Moment ist völlig offen, welche Koalition die nächste Bundesregierung stellen wird. Wir hoffen, dass sich alle nordhessischen PolitikerInnen dann auch an ihre Aussagen zur (Agrar- und) Klimapolitik erinnern werden.
Barbara Friedrichs, Jutta Langenbach und Andreas Grede vom AGA-Redaktionsteam fassen die Antworten in einem Beitrag zusammen.
Den Beitrag als PDF gibt es hier zum Download.
Die vollständigen Antworten im Wortlaut gibt es hier.
Redaktion „Wachsen statt Weichen“ war lange der Glaubensgrundsatz der Agrarpolitik. Doch mittlerweil0e erkennen selbst hartnäckige Verfechter einer weltmarktorientierten Produktion, dass dies kein Weg für die heimische Landwirtschaft sein kann. Global gibt es immer einen billigeren Anbieter.
Welche konkreten Möglichkeiten sehen Sie für die nordhessische Landwirtschaft, die durch politische Maßnahmen in Berlin gefördert werden können?
Dr. Bettina Hoffmann, Mitglied der Grünen-Fraktion im Bundestag, hält eine Systemveränderung in der Lebensmittelbranche für nötig. Mithilfe des deutschen und EU-Handelsrechts wollen die Grünen gegen Dumpingpreise vorgehen und Wettbewerbsbedingungen fairer gestalten. Regionale und nachhaltige Landwirtschaft solle rentabel werden, so Hoffmann, und dem Betriebesterben müsse man entgegentreten. Um dies zu erreichen, sollen in öffentlichen Einrichtungen regionale und ökologische Produkte häufiger verwendet werden. Mit einem klar definierten Regionalsiegel wollen die Grünen entsprechende Produkte schützen. Regionalsiegel und Direktvermarktung sollen mit Hilfe von regionalen Einkaufs-Apps und Regionalwerbung gefördert werden.
Dr. Peter Koswig, Direktkandidat der Grünen Waldeck-Frankenberg und Kassel-Land, schlägt vor, kleine und mittlere Betriebe stärker zu fördern. Agrarsubventionen sollten so gestaffelt werden, dass etwa für die ersten hundert Hektare mehr gezahlt wird. Andererseits dürften Subventionen nicht billige Lebensmittelexporte begünstigen, die im globalen Süden heimische Produkte vom Markt drängen. In der Region Waldeck-Frankenberg und Kassel-Land sieht Koswig Potential für mehr ökologische Landwirtschaft, die allerdings verlässlicher Förderung bedarf.
Dr. Peter Koswig, Korbach
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
„Primär kleine und mittlere Betriebe fördern“
Boris Mijatovic, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kasseler Rathaus, erklärt, dass die Grünen in einer Bundesregierung nachhaltige Landwirtschaft, Ökolandbau und lokale Wertschöpfungsketten fördern würden. Die Grünen möchten damit in den Schutz von Boden, Grundwasser und Biodiversität investieren. Das wichtigste nationale Instrument zur Unterstützung der Landwirtschaft, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), wollen sie um einen Förderschwerpunkt ergänzen. Dieser soll regionale Agrarproduktion, Verarbeitung und Vermarktung stärken. Zudem bestehen die Grünen darauf, dass bei heimischen Produkten und Importen Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden.
Michael Aufenanger ist der CDU-Direktkandidat im Wahlkreis Kassel. Er betont, die CDU setze konsequent auf nachhaltige Landwirtschaft und biete hierbei den Landwirten vielseitige Einkommensmöglichkeiten. So möchte die CDU Tierwohlmaßnahmen und nachhaltigen Landbau finanziell fördern, zum Beispiel durch neue Regelungen von Tiertransporten oder Anreize für Natur- und Artenschutz. Aufenanger möchte die Landwirtschaft von „permanenter Effizienzsteigerung unter Industriebedingungen befreien“. Hingegen sollen neuen Techniken wie Digitalisierung gefördert werden, die produktiveres Wirtschaften ermöglichen. Außerdem strebe die CDU an, den Beruf „Landwirt“ in der Schule realistisch zu vermitteln, und fördere das Unternehmertum Landwirtschaft.
Armin Schwarz ist Mitglied des Hessischen Landtags und der CDU-Direktkandidat im Waldeck-Frankenberg und Kassel-Land. Schwarz äußert sich nicht zu Fördermöglichkeiten des Bundes für nordhessische Landwirtschaftsbetriebe. Er betont, dass in Waldeck-Frankenberg und Kassel-Land Höfe zu zwei Dritteln im landwirtschaftlichen Nebenerwerb und meistens von Familien generationsübergreifend betrieben würden. Flächen würden größtenteils extensiv bewirtschaftet und Agrarproduktion „im großen Stil“ sei in der Region nicht vorhanden.
Armin Schwarz, Bad Arolsen
CDU, MdL
„Eine gewerbliche Agrarproduktion in großem Stil ist in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg … nicht vorhanden.“
Timon Gremmels ist Mitglied des Bundestages in der SPD-Fraktion sowie SPD-Direktkandidat im Wahlkreis Kassel. Die SPD fokussiert die Themen Handel, Arbeit und Wettbewerb in ihrer Landwirtschaftspolitik.Umweltschonender Landbau solle durch gezielte Agrarförderung wettbewerbsfähig werden, so Gremmels. Zudem wolle die SPD im Lebensmittelhandel faire Bedingungen schaffen und prekäre Lebens- und Arbeitsbedingungen von WanderarbeiterInnen bekämpfen. Für Hessen bedeute das, dass konventionelle Familienbetriebe wie ökogische Betriebe lebens- und leistungsfähig bleiben sollen. Arbeitsplätze schaffen, Wertschöpfung steigern sowie die Direktvermarktung stärken möchte die SPD . Andererseits sollen Landwirte mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe und der Erschließung erneuerbarer Energien selbst dazu beitragen, berufliche Perspektiven und Einkommensmöglichkeiten zu schaffen.
Heidemarie Scheuch-Paschkewitz ist Mitglied des Hessischen Landtags in der Fraktion DIE LINKE und kandidiert für den Bundestag im Schwalm-Eder Kreis. Sie greift u.a. das Problem der knappen Fläche auf: „Wir wollen Boden verfügbar machen für regional verankerte Landwirtschaftsbetriebe und ländliche Bevölkerung. Ländliche und landwirtschaftliche Flächen gehören nicht in die Hand landwirtschaftsfremder Investoren.“ In jedem Falle müssten auch kleine Betriebe überlebensfähig bleiben, entsprechend müssten Fördermittel eingesetzt werden. Genossenschaftliche und gemeinwohlorientierte Projekte sollten stärker gefördert werden.
Heidemarie Scheuch-Paschkewitz,
Schwalmstadt, DIE LINKE, MdL
„Wir wollen Boden verfügbar machen für regional verankerte Landwirtschaftsbetriebe.“
Sabine Leidig, die für DIE LINKE im Bundestag sitzt, betont ebenfalls die Bedeutung der regionalen Landwirtschaft und kritisiert die Exportorientierung des Agrarsektors , da dies „zur Zerstörung lokaler landwirtschaftlicher Strukturen in vielen Ländern des globalen Südens“ beitrage. Kämpferisch sagt sie: „In Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung braucht es gute Arbeitsbedingungen. Vier große Einzelhandelskonzerne bestimmen 85 Prozent des Lebensmittelverkaufs in Deutschland und machen fette Profite, während viele Landwirt*innen kaum über die Runden kommen. Das wollen wir grundlegend ändern.“
Der Direktkandidat der FDP hat auf unsere Anfrage und schriftliche Erinnerung nicht reagiert. Laut Wahlprogramm sollen Forschung und Innovation statt die reine Fläche subventioniert werden. „Bürokratieabbau“ taucht hier als Stichwort auf und wenig überraschend die Forderung, dass sich Preise für landwirtschaftliche Produkte am Markt regulieren sollten.
Redaktion: U.a. der Skandal um die Fleischfabrik Wilke in Berndorf (Kreis Waldeck-Frankenberg) hat gezeigt, dass Billigfleischprodukte eine Kette von inakzeptablen Zuständen bedingen: Qualzucht von Tieren, ausbeuterische Arbeitsbedingungen für Menschen bis hin zu Hygienemängeln und Gesundheitsgefährdung der Verbraucher.
Wie ist Ihre Haltung/die Ihrer Partei zu diesen Missständen? Sehen Sie Möglichkeiten, hier von Seiten des Staates Verbesserungen zu erreichen?
Beim Thema Wilke-Wurst sind sich erstmal alle Befragten darin einig, dass es sich um einen Skandal handelt. Da fordert Michael Aufenanger von der CDU mehr (unangekündigte!) Kontrollen und „spürbare Strafen“, meint aber vermutlich besonders die Verstöße gegen Hygienevorschriften. Heidemarie Scheuch-Paschkewitz (DIE LINKE) rückt dagegen auch die Leiharbeit in den Fokus. Sie gehöre verboten ebenso wie die „Verkettung von Verträgen mit Sub-Subunternehmen“, es müssten existenzsichernde Mindestlöhne gezahlt werden.
Die Ursachen des Tierleids werden unterschiedlich ausgemacht. Timon Gremmels aus Kassel, der als MdB für die SPD aktiv ist, erklärt, dass Tierleid durch nichts zu rechtfertigen sei und nennt als konkrete Maßnahmen: „Einführung einer flächenbezogenen Obergrenze“ bei den Tierzahlen, Reduktion des Antibiotikaeinsatzes und die „Einführung eines verpflichtenden staatlichen Tierwohllabels mit nachvollziehbaren Regeln“. Damit spielt er natürlich auf das Kuddelmuddel um eine Kennzeichnung aus dem CDU geführten Landwirtschaftsminsterium an, das Tierschützern schon lange ein Dorn im Auge ist.
Timon Gremmels, Kassel
SPD, MdB
„Einführung eines verpflichtenden staatlichen Tierwohllabels mit nachvollziehbaren Regeln“
Armin Schwarz von der CDU hat die Wilke-Geschichte hautnah miterlebt, denn er lebt im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Vielleicht ein klein wenig zu idyllisch klingen seine Vorschläge, wenn er von „kleinen und mittelständischen Betrieben“ spricht, „die ihre Tiere aus regionaler Herkunft vor Ort beziehen“. Er möchte das „regionale Handwerk in den Mittelpunkt der Fleischverarbeitung und Vermarktung“ stellen. Die Frage bleibt natürlich, was mit den Mastbetrieben passieren soll, die z.B. an Tönnies liefern.
Ein weiteres Problem sieht Dr. Peter Koswig, grüner Direktkandidat aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg, der die Wilke-Story als Mitglied des Kreistags miterlebte: „Ein Hauptproblem im Wilke-Skandal war meiner Meinung nach die große Nähe zwischen örtlicher Aufsichtsbehörde und der Firma.“ Koswig ist ausgewiesener Gegner der Massentierhaltung und hat schon zusammen mit Bürgerinitiativen Stallneubauten verhindert. Er bringt den sogenannten „niederländischen Weg“ ins Spiel. Dort kauft der Staat große Ställe und legt sie dann still. Auch ein fiskalisches Instrument kann er sich vorstellen und würde den normalen Mehrwertsteuersatz für Fleisch aus Massentierhaltung ansetzen.
Dr. Bettina Hoffmann, MdB bei den Grünen, sieht den Kern des Problems ebenfalls in der industriellen Massentierhaltung und bringt dabei auch eine „klimagerechte Zukunft“ ins Spiel. Reduktion der Tierzahlen insgesamt und eine Abkehr vom „Billigfleischexport“ aus Deutschland nennt sie als Ziele einer Bundesregierung unter Beteiligung ihrer Partei. Konkret schlägt sie wie Gremmels von der SPD eine eindeutige Haltungskennzeichnung vor sowie eine stärkere Konzentration auf robuste Rassen und Zweinutzungsrassen.
Damit liegt sie auf einer Linie mit Heidemarie Scheuch-Paschkewitz, die Qualzucht auf Hochleistung strikt ablehnt und beim Arbeits- und Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie spürbare Verbesserungen fordert. „Vielfältige, häufige, direkte Kontrollen durch fachlich gut ausgebildetes Personal“ seien vonnöten, es müsse in den Landkreisen mehr ausgebildet werden für diese Kontrollen.
Boris Mijatovic, grüner Direktkandidat aus Kassel, betont, dass Massentierhaltung und Billigfleisch unsere ökologischen Systeme bedrohen und ebenso die Gesundheit. Durch die hohe Tierdichte fallen Unmengen an Gülle an, die das Grundwasser und das Klima belasten. Antibiotikarückstände, eine weitere Folge der billigen Fleischproduktion, würden zunehmend ein Problem für die Gesundheit der Menschen. Auch Mijatovic betont die Grünen-Forderung nach einer einheitlichen und aussagekräftigen Haltungskennzeichnung, die für Verbraucher*innen eine echte Entscheidungshilfe sei. Was bei Eiern gut geklappt habe, sollte auch an der Fleischtheke funktionieren.
Boris Mijatovic, Kassel
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
„Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sind seit Jahrzehnten ein Skandal“
Redaktion: Nach dem BVG-Urteil zum Klimaschutzgesetz überschlagen sich die Parteien (bis auf die AfD) mit Erklärungen zur Bedeutung des Themas. Die Landwirtschaft trägt einen nicht unerheblich¬en Teil – laut Umweltbundesamt über 7% – zu CO2-Emissionen bei: Klimagase aus der Vieh¬haltung (Methan) und aus landwirtschaftlich genutzten Böden (u.a. Lachgas) kommen hinzu.
Sehen Sie bzw. Ihre Partei Handlungsbedarf, um die Landwirtschaft zu einem nicht ausschließlich ertragsorientierten Wirtschaftssektor umzugestalten, der z.B. auch für gesellschaftliche Dienstleistungen (Bodenerhalt, Klimaschutz, Biodiversität) entlohnt wird?
Timon Gremmels (SPD) sieht großen Handlungsbedarf für eine Umgestaltung der bisherigen Agrarpolitik. Diese soll nach Vorstellung der SPD für die gesamte europäische Agrarpolitik durch Honorierung von Ökosystemleistungen im Sinne der Gemeinwohlökonomie erreicht werden. „Wir brauchen insgesamt mehr Mechanismen, um höhere Anforderungen an Tierwohl und Biodiversität auch finanziell zu honorieren“, so Gremmels.
Laut Armin Schwarz (CDU) gibt es bereits stark steigende Zuwachsraten im ökologischen Landbau im stark von extensiver Landwirtschaft geprägten Nordhessen. Bodenerhalt, Klimaschutz und Biodiversität würden schon jetzt umfangreich mit Förderungen entlohnt. Die Entwicklung hin zu mehr Landschaftspflegemaßnahmen wie mehr Mischkulturen, Integration von Blühflächen, Gewässer- und Erosionschutzstreifen im Ackerbau sollten weiter gefördert werden.
Michael Aufenanger (CDU), ist Direktkandidat aus Kassel. „Das Ziel von CDU und CSU ist es, den Landbau ökologisch verträglich und ökonomisch tragfähig weiterzuentwickeln – in Kooperation mit der Landwirtschaft und nicht gegen sie“, so lautet die Maxime, nach der die Unionsparteien die Landwirtschaftspolitik im Rahmen der GAP gestalten wollen. Kleine und mittlere Betriebe würden höhere Direktzahlungen für die ersten Hektare erhalten sowie Umweltmaßnahmen attraktiv ausgestaltet werden. Dabei solle der Ökolandbau weiter gefördert werden, um Ertragsunterschiede zum konventionellen Anbau auszugleichen. Besondere Bedeutung müsse der Produktion und Vermarktung regionaler Produkte zukommen.
Michael Aufenanger, Ahnatal, CDU
Mitglied im Landesvorstand
„… die Umweltmaßnahmen (Eco-Schemes und Agrarumweltprogramme) attraktiv ausgestalten.“
„Veränderungen zu mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft wurden leider auf EU Ebene bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik verpasst“, sagt Boris Mijatovic (GRÜNE) und kritisiert weiter, dass Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner nach wie vor auf das Agrarsystem des Bauernverbandes und der Industrie setze, da Kern des Förderprogrammes weiterhin Direktzahlungen pro Hektar Fläche sei. Dies sei mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und der Halbierung der ausgebrachten Pestizidmenge auf Äcker nicht zu vereinbaren. Die Mahnungen wissenschaftlicher Berater der Bundesregierung, die seit Jahren nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel, sondern auch aufgrund des dramatischen Artensterbens einen Kurswechsel der Politik fordern, würden überhört.
Steuergelder sollten immer der Allgemeinheit zugutekommen und den Ressourcen-, Umwelt- und Naturschutz fördern. Das System der Direktzahlungen müsse in eine Förderung einer konsequent nachhaltigen Landwirtschaft umgestellt werden. Die durch Landwirtschaft erzeugten CO2 Emissionen seien außerdem fast doppelt so hoch wie vom Umweltbundesamt angegeben, da bei den Berechnungen noch die Belastungen aus der Produktion von Futtermitteln und Pestiziden fehle.
„Die Emissionen von 60 Millionen Tonnen CO2 in der Landwirtschaft müssen drastisch gesenkt werden“, fordert Dr. Peter Koswig (GRÜNE). Das bedeute eine erhebliche Reduzierung des Viehbestandes sowie eine konsequente Renaturierung trocken gelegter Moore. Durch abzubauende Fächenprämien stünden genügend Mittel für die dringend notwendige Förderung von Humusaufbau, Weidetierhaltung, Wirtschaften ohne Pestizide und Kunstdüngern bereit. Auch die Schaffung von Ackerbrachen zur Stärkung der Biodiversität könnte damit gefördert werden.
„Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU sollte zu einem Instrument für eine sozial-ökologische Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft“, meint Dr. Bettina Hoffmann (GRÜNE). Die Milliarden an öffentlichen Geldern sollten künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-, Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden und gleichzeitig die regionale Landwirtschaft stärken. Auch sie möchte die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe stufenweise durch eine Gemeinwohlprämie ersetzen. Sie engagiere sich für innovatives Denken in der Agrarumweltförderung, bei der Klima- und Naturschutz im Zentrum stehen. Ziel sei es, bis 2028 für mindestens die Hälfte der Fördergelder eine ökologische Zweckbindung zu erreichen.
Dr. Bettina Hoffman, Niedenstein,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, MdB
„Öffentliches Geld für öffentliche Leistung – das ist ein Kernanliegen der Grünen Landwirtschaftspolitik.“
„DIE LINKE setzt sich für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ein“, so die beiden Direktkandidatinnen der Partei Sabine Leidig und Heidemarie Scheuch-Paschkewitz. Wichtig sei die Förderung von Anbausystemen, die Klima, Böden, Tiere und Pflanzen schützen, wie Paludikulturen, Permakulturen und Agroforstsysteme. Es dürfe nur noch Geld für konkret nachweisbare öffentliche Leistungen geben. „Wir wollen regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen als Gegenstrategie zur Marktmacht von Schlachthof-, Molkerei- und Handelskonzernen“, so die Linken-Politikerinnen. Die Konzernmacht solle durch ein gemeinwohlorientiertes Kartellrecht beschränkt werden.
Sabine Leidig, Kassel,
DIE LINKE, MdB
„Wir wollen eine Tierhaltung, die flächengebunden und auf die einheimische Nachfrage bezogen ist. […] Megaställe lehnen wir ab.“
Besonders unterstützenswert seien genossenschaftlicher Landbau, Formen solidarischer Landwirtschaft und der Ausbau des Ökolandbaus auf 25 Prozent der Agrarflächen bis 2030. Mit höheren Erzeugerpreisen solle die Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe von Fördermitteln reduziert werden. Damit Lebensmittel bezahlbar blieben, müsse über eine gerechte Gewinnverteilung in der Wertschöpfungskette gesichert werden. Der Ausschluss renditeorientierter Investoren sei dabei unabdingbar. In Nordhessen müsse mehr für eine sozial-ökologische Landwirtschaft getan werden, denn die Region könne zu einer Modellregion in Sachen nachhaltiger Landwirtschaft entwickelt werden, besonders durch den Studienstandort Witzenhausen.