UN-Artenschutzkonferenz in Rom endet mit Einigung

Auf der ganzen Welt aber auch vor unserer Tür: Der Schutz der Natur betrifft alle.

 

Die Zeit drängt. Mehr als eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Der Verlust der Biodiversität gefährdet das ökologische Gleichgewicht.

Wälder, Moorlandschaften, Wiesen und Felder, dazu eine reiche Tierwelt, die sogenannte Artenvielfalt. Sie ist unsere menschliche Existenzgrundlage. „Fast alles was wir nutzen, unsere Luft, das Trinkwasser, unsere Kleidung, unser Essen, selbst moderne Medikamente kommen aus der Natur“, erklärt Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Helmholtz-Zentrum. Auch die Unternehmen – mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung auf globaler Ebene hänge von funktionierenden Ökosystemen ab.

In Rom wurde erneut über die Finanzierung des Artenschutzes verhandelt.

Die CBD (Convention on Biological Diversity) ist ein am 29. Dezember 1993 in Kraft getretenes internationales Umweltabkommen und das wichtigste multilaterale Vertragswerk zur Bewahrung der globalen Biodiversität. Der Schutz biologischer Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die Zugangsregelung und gerechter Ausgleich von Vorteilen, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen, gehören zu den vereinbarten Zielen.

Zur Umsetzung und Weiterentwicklung treffen sich die Vertreter der 196 Vertragsstaaten inzwischen im Zweijahresrhythmus zu den Vertragsstaaten-Konferenzen, den sogenannten COPs (Conferences of the Parties).

Bei der Fortsetzung der Weltnaturkonferenz COP16 haben die Delegierten zuletzt in Rom drei Tage miteinander gerungen. Uneinigkeit bestand vor allem in der Beschaffung der finanziellen Mittel des Abkommens. Am Ende haben alle Vertragsstaaten doch noch einen gemeinsamen Weg für die Finanzierung der globalen Artenschutzziele gefunden und das Abkommen mit drei Monaten Verspätung unterzeichnet. Damit seien die Voraussetzungen geschaffen, die Natur auf einen „Pfad der Erholung“ zu bringen, um schließlich „in Harmonie“ mit ihr zu leben, wie es etwas pathetisch im UN-Vertragswerk heißt.

Die erste Runde der COP16 im kolumbianischen Cali war vergangenen Oktober ohne konkrete Beschlüsse vertagt worden, weil es Kontroversen darüber gab, wie die Gelder für den Erhalt der biologischen Vielfalt mobilisiert und verteilt werden sollen. Die Industrieländer bevorzugten einen Fonds, der schon 1991 zum Schutz der globalen Umwelt eingerichtet wurde. Die Entwicklungsländer kritisierten diesen Fonds und forderten einen neuen, zu dem sie direkten Zugang haben. Die EU und andere Industrieländer lehnten dies strikt ab. Sie wollen weiterhin die Kontrolle über die Gelder behalten, die sie für den globalen Umweltschutz einbezahlen.

Schon zwei Jahren davor hatte sich die Weltgemeinschaft auf das Kunming-Montreal-Abkommen geeinigt. Es sieht vor, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresfläche unter effektiven Schutz zu stellen. Vor allem noch intakte Ökosysteme sollen als Grundlage für sauberes Wasser, saubere Luft, fruchtbare Böden oder die Bestäubung von Pflanzen bewahrt werden. Für die Umsetzung fehlten bisher der politische Wille und das Geld. Eine Finanzierungslücke von 700 Milliarden US Dollar gilt es zu schließen. 500 Milliarden sollen laut Montreal Abkommen aus dem Abbau von umweltschädlichen Subventionen kommen, die derzeit noch für Pestizide und fossile Brennstoffe ausgegeben werden. Die anderen 200 Milliarden Dollar sollen ab 2030 aus öffentlichen und privaten Quellen stammen.

Die reichen Industrieländer, die bereits große Teile ihrer Natur zerstört haben, hatten versprochen, die ärmeren Länder dabei unterstützen, die noch intakten Ökosysteme der Welt zu erhalten. 20 Milliarden Dollar sollen die Industrieländer ab 2025 jährlich an den globalen Süden zahlen, ab 2030 jährlich 30 Milliarden. So steht es im Montreal-Abkommen.

Natur wird gerne als kostenlos wahrgenommen und entsprechend auch kostenlos genutzt, allerdings bedarf es einiger Anstrengungen intakte Natur anzubieten. Eigentlich gehören natürliche Ressourcen den Herkunftsstaaten. In der Biodiversitätskonvention von 1992 ist vereinbart, dass der Zugang zu diesen Ressourcen prinzipiell allen zu gewähren ist, aber die Profite daraus müssen auch den Herkunftsländern in irgend einer Form zugute kommen oder den Menschen, die diese Artenvielfalt schützen.

Auch beim zweiten Teil der COP16 in Rom ging es darum, dass es honoriert werden muss, wenn global viel Geld damit verdient wird, wie es beispielsweise die großen Player der Pharma-, Kosmetik-, Lebensmittel- oder die Agrarindustrie tun. Die artenreichsten Regionen liegen nun aber oft in armen Ländern und die sind in der Vergangenheit häufig leer ausgegangen, obwohl diese natürlichen Ressourcen eigentlich den Herkunftsstaaten gehören.

Nun haben die Vertreter bei der UN Artenschutzkonferenz in Rom den sogenannten Cali Fonds vorgestellt, in den Konzerne künftig freiwillig Geld einzahlen können oder sollen, wenn sie anhand genetischer Ressourcen erfolgreiche Geschäftsideen umsetzen.

Eine Hälfte des Fonds soll an die Regierungen ausgezahlt werden, die ihre Natur schützen, z.B. auch auf Ausbeutung verzichten. Im Fall von Erdöl sei das ein doppelter Beitrag zum weltweiten Klimaschutz. Die andere Hälfte soll an indigene Völker und lokale Gemeinden gehen, weil dort, wo diese die Natur verwalten, sie nachweislich in einem besseren Zustand ist. Über diesen Vorschlag soll auf der nächsten Konferenz  weiter verhandelt werden.

Darüberhinaus einigte man sich auch über einen Überwachungsmechanismus, um die tatsächliche Umsetzung des Vorhabens besser überprüfen zu können. Länder müssen schon im kommenden Jahr eine Bestandsaufnahme, den Global Review, vorlegen und aufzeigen, wie erfolgreich sie mit dem sind, was sie sich vorgenommen haben.

Für Prof. Dr. Böhning-Gaese ist das Ergebnis ein nächster großer Schritt für die zentrale Umsetzung des Weltnaturabkommens, die Grundlagen für eine erfolgreiche Umsetzung seien damit gelegt.

Sogar Umweltschützer fanden lobende Worte. „Die Vertragsstaaten haben gezeigt, dass sie globalen Herausforderungen auch in schwierigen Zeiten noch gemeinsam entgegentreten können“, sagte Florian Titze vom WWF Deutschland. Das sei ein Hoffnungsschimmer für den Artenschutz und damit für unseren Wohlstand, unsere Gesundheit und Sicherheit auf diesem Planeten. Greenpeace hob hervor, die Entscheidung in Rom zeige, dass sich die Weltgemeinschaft den großen ökologischen Krisen weiter stellen will.

Man dürfe aber auch nicht unterschätzen, dass viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Biodiversitätsschutz einsetzen und auch in Cali präsent waren, ihren Sitz in den USA haben. Dort geraten sie voraussichtlich unter verstärkten politischen Druck, auch wenn die USA nicht Mitglied der Biodiversitätskonvention sind, so die Umweltrechtlerin Catharina Caspari von der Uni Greifswald.

„Auch für Deutschland wird es nicht leicht“, sagt Johann Rathke vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Umweltschutz koste Geld und in der jetzigen geopolitischen Lage sei diese Investition herausfordernd. Dennoch müsse sich Deutschland seiner besonderen Rolle bewusst sein. Für Caspari ist es wichtig, dass die kommende Bundesregierung den Biodiversitätsschutz zu einer Priorität mache und mit der Klima- und Landwirtschaftspolitik verknüpfe.

So bedeutend das Ergebis von Rom auch ist, so wenig kann es darüber hinwegtäuschen, dass sich die Kluft zwischen den ambitionierten Zielen und deren Umsetzung nur schwer schließen lässt. Die USA haben als einziger Staat die UN-Biodiversitätskonvention nie unterzeichnet, sie waren aber immer ein wichtiger Geldgeber im globalen Naturschutz. Unter Präsident Trump ist es gerade sehr wahrscheinlich, dass sich die Vereinigten Staaten von diesen Bemühungen zurückziehen. (mk)

Stellungnahme und Bericht von Greenpeace:

https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/artenkrise/weltnaturkonferenz-cbd