Parkinson hat schlimme Auswirkungen im Alltag. Warnungen vor neurotoxischen Gefahren durch Pestizide gab es schon lange.
Wer löffelt die Suppe aus?
Menschen, die mit den Armen schlenkern oder ruckartige Bewegungen machen, die beim Essen das Besteck nicht halten können oder Dinge fallen lassen. Die Auswirkungen einer Parkinson-Erkrankung sind auch im Alltag schlimm. Schon früh wird die Sprache leiser und undeutlicher, viele Betroffene ziehen sich zurück. Im fortgeschrittenen Stadium kommen Schlafstörungen hinzu, weil u.a. die Schlafposition durch die Bewegungseinschränkung nicht mehr automatisch verändert werden kann. Gedächtnisprobleme oder Depressionen sind oftmals weitere Folgen.
Seit 2012 ist in Frankreich Parkinson als Berufskrankheit für Landwirte anerkannt, die sehr häufig mit Pestiziden gearbeitet haben. Vor genau einem Jahr, im April 2024, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt. Unser Beitrag vom April 2024 berichtete.
Für betroffene Landwirte hätte es weitreichende Vorteile, wenn die Berufsgenossenschaft (BG) anstelle einer Krankenversicherung die Kosten übernimmt. Zunächst mal trägt sie alle Kosten, auch besondere Therapien, zahlt eine höhere Rente und sämtliche Rehakosten ohne Zuzahlung. Doch der Bauernverband (DBV) mauert, denn er steckt in einem Dilemma.
Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft sind eine direkte finanzielle Belastung für die Landwirte, die meist zugleich Betriebseigentümer sind und somit die Beiträge alleine zahlen (im Gegensatz z.B. zur Kranken- oder Rentenversicherung, bei der Arbeitnehmer mitzahlen).
Etwa 8.000 Fälle hat die BG registriert, in denen sie wegen einem Berufskrankheitsverfahren ermitteln muss. Insgesamt geht sie davon aus, dass sich für 2025 Mehrkosten von 100 Mio. Euro ergeben werden. Es gab bereits eine Beitragserhöhung für die Landwirte von fast 20%. Doch jetzt versucht der Bauernverband, die Anerkennung als Berufskrankheit zu torpedieren, um dauerhaft höhere Beiträge zu verhindern.
Jetzt rächt es sich, dass im DBV zu oft die Interessen der Agrarindustrie und damit der auch der chemischen Industrie vertreten werden. Denn eigentlich wäre es doch naheliegend, jetzt Bayer & Co. zur Verantwortung zu ziehen und zur Kasse zu bitten. Doch hier zeigt sich das ganze fragwürdige Verfahren schon bei der Zulassung von Pestiziden.
Bio-Bauern bzw. deren Verbände ebenso wie die AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) gehen auf die Barrikaden. Sie setzen solche chemischen Gifte nicht ein und wollen die Folgekosten einer solchen Verwendung auch nicht mitfinanzieren. Ebenso der Bund Deutscher Milchviehhalter, der moniert, dass auf Kuhweiden keine Pestizide gespritzt werden.
Hinzu kommt: Eine durchgängige Kontrolle über Pestizideinsätze und damit ein gar lückenloser Nachweis davon existiert nicht. Auch der DBV hatte unter dem Stichwort „Bürokratieabbau“ erfolgreich gegen Kontrollen lobbyiert. Genau diese Nachweise wären jetzt aber erforderlich, denn durch Erkrankung betroffene Landwirte sollen nun 10 Jahre rückwirkend beweisen, wann und welches Mittel sie genau eingesetzt haben.
Bleibt natürlich der Staat. Der DBV forderte noch im vergangenen Jahr das Landwirtschaftsministerium auf, entsprechende Zuschüsse zu zahlen. Doch was ist mit dem Verursacherprinzip? Wie so oft stellt sich die Frage, warum Agrarkonzerne jahrelang den Reibach machten und weiterhin machen und Steuerzahlende für die Folgekosten aufkommen sollen.
Links zum Thema aus Presse, TV und Funk
Ein Beitrag von frontal (ZDF) https://www.zdf.de/play/magazine/frontal-102/berufskrankheit-parkinson-durch-pestizide-landwirtschaft-100
Fallbeispiele gibt es einige. Sie behandeln das Thema anhand von Einzelschicksalen:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/parkinson-bei-landwirten-kritik-an-berufsgenossenschaft,UeNPPbx
https://taz.de/Parkinson-durch-Pestizide/!6072903/
Ein Interview mit einem Arbeitsmediziner:
Interview mit Betroffenen: