Lobbyist sollte Landwirtschaftsminister werden – Söders Wunschkandidat hatte eine Vorgeschichte

Was soll aus diesem Ministerium werden?

Günther Felßner, bayrischer Bauernpräsident und Vizechef des Deutschen Bauernverbands ist CSU-Chef Söders Wunschkandidat für das Agrarministerium. Schon vor Beginn der Koalitionsverhandlungen gilt die Besetzung des fränkischen Milchbauern als sicher. Damit ist eine rückwärtsgewandte Agrarpolitik zu erwarten, was unter anderem eine schnellere Zulassung von Pestiziden und mehr Gentechnik in der Landwirtschaft bedeuten wird. Die Zeichen der Zeit – die Agrarpolitik konsequent an den Zielen auszurichten, auf die sich die Vereinten Nationen im Pariser Klimaabkommen und im Biodiversitätsabkommen von Montreal verpflichtet haben, drohen ignoriert zu werden. Denn Felßner stellt Fakten zum Arten- und Klimaschutz infrage.

So ist es wissenschaftlich unumstritten, dass eine Reduzierung der Nutztierhaltung und eine veränderte Ernährung mit mehr pflanzlichen Produkten zum Klimaschutz beitragen, doch Felßner erklärte im Nachrichtenmagazin Panorama, Flächenstilllegen wäre sicherlich nicht die Zukunft, das sei eine Landnutzungsidee des letzten Jahrhunderts. Auch die Tierhaltung zurückzufahren sei eine Sackgasse gewesen. „Das werden wir drehen“, kündigte er an. „Ein Tier ist klimaneutral, wenn es Biomasse frisst“, mit solch kernigen Sprüchen sorgt der Landwirt in Wissenschaftskreisen für Kopfschütteln.

„Tiere sind natürlich nicht klimaneutral“, Agrarforscherin Miriam Athmann von der Universität Kassel weist darauf hin, dass der Umbau der Tierhaltung und die Reduktion der Tierzahlen ein großer Hebel beim Umweltschutz ist. Nutztiere bringen zwar keinen neuen Kohlenstoff in den Kreislauf, wandeln ihn aber in Methan um. Laut Umweltbundesamt ist Methan 28-mal schädlicher als CO2. Einen Abkühlungseffekt für das Klima gäbe es bei deutlicher Methanreduzierung. Die Landwirtschaft verursacht etwa 14 Prozent der Treibhausgase in Deutschland, der Großteil davon hängt mit der Tierhaltung zusammen.

Es ist naheliegend, dass Felßner als einer der ranghöchsten Agrar-Lobbyisten die Interessen der Agrarindustrie vertritt. Das bedeutet weiteren Abbau der Umweltschutzauflagen und eine Intensivierung der konventionellen Landwirtschaft. Während der Bauernproteste war Felßner ein Anheizer. Mit Aussagen wie „Mehr Fleisch essen ist gut fürs Klima“ und „Pflanzenschutzmittel sind nicht schlecht für die Artenvielfalt“ positioniert er sich klar gegen eine ökologischere Landwirtschaft und entlarvt sich dazu als Wissenschaftsleugner.

Mit Günther Felßner wird ein Landwirt Minister, der 2018 zu einer Geldstrafe über 90 Tagessätze à 80 Euro wegen Boden- und Gewässerverunreinigung  verurteilt wurde. Dass die Artenvielfalt unter seiner Amtszeit eine Chance auf Erholung hat, ist nicht zu erwarten. Da werden selbst die Appelle des Weltwirtschaftsforums, das den Verlust von Biodiversität, fehlenden Klimaschutz und den Zusammenbruch von Ökosystemen als eine der größten Bedrohungen der Weltbevölkerung sieht, nichts ändern. (JL)

Update 25.3.2025

Campact und die Deutsche Umwelthilfe starteten jeweils eine Petition. Hunderttausende zeichneten den Protest. Nun hat Felßner erklärt, er stehe nicht mehr für das Amt des Landwirtschaftsministers zur Verfügung.

Als konkreter Anlass diente eine Aktion von Animal Rebellion, die mit 12 Aktivist:innen auf Felßners Hof Randale machten. Dies wird in der Öffentlichkeit sicher breit getreten und verurteilt werden. Eigentlich schade. Denn die Petitionen waren eine klare Ansage und ein legitimes Mittel, um Druck zu machen.

Quellen:

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama/archiv/2025/Landwirtschaft-Bauernpraesident-als-Minister,bauernpraesident104.html

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/landwirtschaft-minister-bauernverband-100.html

https://taz.de/Treibhausgasbilanz-von-Tieren/!6067322/

https://www.ardmediathek.de/video/panorama/landwirtschaft-bauernpraesident-als-minister/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS9lMDRhMjc0Yy1jZmIwLTQ0MGEtOTA1YS1lODgyZDM5MzEzZWY

Auch in der heute show vom 14.3.2025 bekommt Felßner einen prominenten, sehr sehenswerten Beitrag (ab Min. 13:23):

https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-vom-14-maerz-2025-100.html

Sowohl Campact als auch das Umweltinstitut München haben mittlerweile Online-Petitionen gestartet mit der Forderung, Felßner als Landwirtschaftsminister zu verhindern:

Petition Campact

Petition Umweltinstitut München