BayWa-Krise. Dumm gelaufen und was dazu gelernt?

Die Liquidität ist dahin – der Aktienwert rapide gefallen.

Die BayWa-Krise zeigt, wie mit Zockermentalität und Parteienklüngel der Genossenschaftsgedanke verraten wird. Ein Meinungsbeitrag

So wie der Bauernverband eine Art Rundum-Sorglos-Paket bietet, haben viele Landwirte – meist im Süden – auf die Bayerische Warenvermittlung, gegründet vor gut 100 Jahren, vertraut. Die Vorteile schienen greifbar: Von der Beschaffung des Saatguts bis zum Ernteverkauf, dazu eine eigene Bank für finanzielle Engpässe, alles aus einer Hand. Obendrein waren scheinbar wertbeständige Aktien, zumal mit ihrer hohen Dividende, eine willkommene Altersvorsorge.

Das BayWa-Modell war dabei von vornherein auf Wachstum begründet. Ab 2008 verfolgte der damalige Vorstand Klaus Josef Lutz einen radikalen Expansionskurs. Gekauft wurde auf Pump, was so lange gut ging, wie die Zinsen niedrig waren. Dann geriet die BayWa in Schieflage, machte 2023 erstmals einen Millionenverlust. Lutz gab im selben Jahr vorzeitig seinen Geschäftsführerposten auf. Und wurde direkt Aufsichtsratsvorsitzender!

In der Fachpresse wird nun – nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist – mitunter heftig kritisiert. Von „Egomanie“ bis Führungsdesaster ist die Rede, im Juni hagelte es Kritik auf der Aktionärsversammlung. Aber eigentlich stellt sich doch die Frage: Kann ein einzelner Manager derartigen Schaden anrichten oder wer ist da noch im Hintergrund dabei?

Zunächst mal gibt es Freundschaften und Seilschaften zwischen den „üblichen Verdächtigen“. Wir reden von Bayern, also ist natürlich die CSU im Boot. Monika Hohlmeier (bekannt auch durch den Maskenskandal während der Corona Pandemie), Tochter des früheren berühmten Ministerpräsidenten Franz Joseph Strauß ist im Boot oder der jahrzehntelange Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Nüssel. Hohlmeier arbeitet gerne als „Vermittlerin“, auch wenn es um die Novellierung der Düngeverordnung geht (lt. LobbyControl 2019). Und natürlich ist auch Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, vormals CDU Baden-Württemberg, dabei.

Man kennt sich, man schützt sich. Bis es nicht mehr geht. Wer zahlt jetzt die Zeche? Die Bauern? Die (Klein-)Aktionäre? Womöglich die Verbraucher*innen? Immerhin laufen etwa 10 Prozent des deutschen Getreidehandels und natürlich zahlreiche andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, auch aus dem Ausland, über die BayWa. Einige Landwirte haben ihre Ernten zurückgehalten und auf eigenes Risiko eingelagert, denn wenn die BayWa Geld durch Verkäufe einnimmt, ist nicht mehr absolut sicher, ob sie das Geld auch auszahlt.

Ein Aufsichtsrat hat eigentlich, wie der Name schon sagt, die Aufgabe, den Vorstand zu kontrollieren und zu überwachen. Herr Lutz hat jedenfalls seine millionenschwere Abfindung kassiert und sanieren dürfen nun andere. Auch Rufe nach staatlicher Unterstützung wurden schon laut. Wenig verwunderlich, denn Verluste werden ja gerne sozialisiert.

Und die Bauern? Lernfähig, was ihre vermeintlichen Interessenvertreter angeht? In Berlin demonstrierten vor wenigen Tagen, angeführt durch den Bauern Franz Huber aus Niederbayern, der Verein „Hand in Hand für unser Land“. Die Politiker würden das Volk „verarschen“, hieß es dort. Großer Applaus. Rechtspopulismus, gerne gepaart mit Protesten gegen Umweltschutz („Bürokratieabbau“) domineren auch hier. Immerhin, andere Bauernverbände hatten nicht zu der Demo aufgerufen, die Teilnehmerzahl war mager. Vielleicht deshalb: Bisher wurde ja meistens sehr laut skandiert „Die Ampel muss weg“. Und wer ist jetzt schuld? (Andreas Grede)


Ein knapp 30-minütiger Podcast aus der Plusminus-Redaktion des SWR erklärt die ganze Misere.

Mehr wirtschaftliche Hintergründe und Fakten bringt ein Bericht der Unabhängigen Bauernstimme vom 21.11.2024.